In einer groß angelegten Studie beurteilt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in seinem Städtecheck 2014 die Sicherheit von Fußgängern. Hintergrund ist die Tatsache, dass bei mehr als einem Drittel aller tödlichen Verkehrsunfälle Fußgänger beteiligt waren; ein Unfallgeschehen mit steigender Tendenz.
Die Sicherheit hat für andere Verkehrsteilnehmer zugenommen, für Fußgänger ist sie leider seit 2009 rückläufig. Besonders gefährdet sind logischerweise Kinder, Jugendliche und Senioren, also die nicht oder nicht-mehr motorisierten Verkehrsteilnehmer. „Sie verunglücken zu über 80 Prozent beim Queren der Straße und das nicht, weil sie sich fehl verhalten, sondern oft aufgrund falscher Abbiegemanöver oder überhöhter Geschwindigkeit von Autofahrern“, sagt Anja Hänel, Referentin für Verkehrssicherheit beim VCD.
Aus der Analyse der Unfälle hat der VCD auch Empfehlungen abgeleitet, wie die Städte dieses negative Unfallgeschehen beeinflussen können. Dabei wurde die Stadt Krefeld exemplarisch als positives Beispiel heraus gegriffen, weil hier die Unfalltendenz mit einem jährlichen Schnitt von 5,8 Prozent rückläufig ist. Diese Entwicklung geschah nicht zufällig. Vielmehr ist sie eindeutig ein Ergebnis der gemeinsamen Anstrengung von Krefelder Stadtverwaltung, Polizei und Verkehrsexperten, die in einer vernetzten Verkehrssicherheitinitiative mit dem Namen „Krefelder Fairkehr“ seit 1999 zusammen arbeiten, um die Unfallstatistik mit Kindern in der Stadt zu senken. „Was Kindern im Verkehrsgeschehen hilft, dass kommt auch Fußgängern im Allgemeinen und Senioren im Besonderen zugute“, meint Hartmut Könner, seit Beginn Leiter des Arbeitskreises Krefelder Fairkehr. Die Unfall-Rückgänge von über 60 Prozent bei Kindern, die wir seit 1999 in 15 Jahren Arbeiten verzeichnen, haben auch die Fallzahlen von Fußgängerunfällen ganz allgemein in Krefeld be-einflusst“, sagt Könner und freute sich über die Anerkennung der in Krefeld geleisteten Arbeit durch den VCD. Für die Bemühungen erhielt „Krefelder Fairkehr“ im Jahr 2007 den Landespreis NRW für Innere Sicherheit.
Im Verlauf der 1990er Jahre fand sich die Stadt Krefeld in den Rankinglisten von Kinderunfällen in den Verkehrsjahresbilanzen von NRW immer auf letzten und allerletzten Plätzen. Das signalisierte Handlungsbedarf. 1999 ist die Initiative „Krefelder Fairkehr“ in die intensive Phase der Bekämpfung der Kinderunfälle eingetreten. Ausgangspunkt waren eine Untersuchung und ein Handlungskonzept der Ruhruniversität Bochum. Zuvor konnte 1998 die „Stiftung für Kriminalprävention“ unter Leitung von Klaus Stüllenberg in Münster-Hiltrup für ein Forschungsprojekt gewonnen werden. Sie beauftragte die Ruhr-Universität Bochum – Lehrstuhl für Verkehrswesen – mit einer Analyse von rund 800 Unfällen mit Kindern in Krefeld und daraus resultierend mit der Entwicklung eines Handlungskonzepts.
Die Initiative „Krefelder Fairkehr“ ist ein Arbeitskreis von Polizei, Krefelder Stadtverwaltung und Verkehrssicherheitsexperten. Die Initiative beruht auf vier Säulen oder Arbeitskreisen, die selbständig und zielorientiert in ihren jeweiligen Aufgabenbereichen arbeiten und ihre Ergebnisse in das Plenum kommunizieren.
Im Ergebnis ergibt sich daraus ein Bündel von öffentlichkeitswirksamen, baulichen, verkehrsbezogenen, pädagogischen und ordnungspolitischen Maßnahmen, die die Anzahl der Kinderunfälle von 185 in 1999 in mehr als 15 Jahren Arbeit auf 77 (davon 23 passiv als Mitfahrer in einem Auto) im Jahr 2013 senken konnte. Das war ein Weg, der nie ganz von Rückschlägen verschont blieb, aber in der Summe und über die Jahre gesehen immer mehr zu einer spürbaren Reduzierung der Unfälle beitrug. Der genannte Rückgang in den 15 Jahren intensiver Arbeit ist größer als von den Wissenschaftlern der Ruhr-Uni Bochum für diesen Zeitraum prognostiziert wurde.
Einen wichtigen Beitrag zum Rückgang der Unfallzahlen mit Kindern leisteten auch die zahlreichen baulichen Maßnahmen (seit 1999 insgesamt 360) im Straßennetz. Die Politik in Krefeld trug ebenso mit erheblichen finanziellen Mitteln zur Erfolgsgeschichte von „Fairkehr“ bei. Insgesamt stellten Stadt Krefeld und das Land NRW in den vergangenen zwölf Jahren an die drei Millionen Euro für die Arbeit der Initiative bereit.
Polizei und Stadt heben nach 15 Jahren gemeinsamer Arbeit hervor: Der „Krefelder Fairkehr“ ist kein Projekt, sondern selbstverständlicher Bestandteil der Alltagsorganisation zahlreicher Behörden und Institutionen geworden. Die Initiative beeinflusst seit Jahren viele behördliche, politische und pädagogische Entscheidungen.
In ihrem Fazit für die Unfallbilanz 2013 (vorgestellt im Frühjahr 2014) stellten „Fairkehr“ und der Leiter der Initiative Hartmut Könner fest: „Die Unfallzahlen mit Kinderbeteiligung liegen so niedrig wie noch nie seit Beginn unserer Arbeit. Damit ist ein wesentliches Ziel fast erreicht, aber nachhaltig wirken wir nur, wenn wir in unseren Anstrengungen nicht locker lassen. Es gilt: Der Weg ist richtig und erfolgreich, aber noch nicht zu Ende.“